Warum Kleinunternehmen (noch) nicht an die Börse wollen

Academy • Kapitalmarktrecht

Nur wenige Klein– und Mittelbetriebe (KMU) notieren an europäischen Börsen. Das könnte sich schon bald ändern.

Vorteile einer Börsennotierung

Der geplante Börsengang von Porsche sorgt für viel Aufsehen am Kapitalmarkt. Gründe an die Börse zu gehen unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen, einige Vorteile bleiben damit aber immer verbunden. Unter anderem erleichtert sich der Zugang zu frischem Eigenkapital und Fremdfinanzierungen. Außerdem profitieren die Betriebe von größerer Publizität.

Bisherige Lage von KMUs

Für KMUs ist es aktuell schwer, in den Genuss dieser Vorteile zu kommen. Ein Börsengang ist oft mit hohen Kapitalanforderungen verbunden, beispielsweise muss mindestens eine Million Euro Grundkapital für den amtlichen Handel an der Wiener Börse vorhanden sein. Dazu kommen viele regulatorische Pflichten, wie der Erstellung eines Prospekts, die KMUs zeitlich und finanziell belasten.

EU greift ein

Ein Vorschlag der EU soll das ändern. Der Listing Act soll den Zugang zum Kapitalmarkt für Unternehmen in der EU sicherstellen und vereinfachen. Die Europäische Kommission will dazu im dritten Quartal dieses Jahres einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Danach soll das Gesetz bis Ende des Jahres erlassen werden, was in Anbetracht anderer einschlägiger EU-Rechtsakte nicht sonderlich realistisch erscheint. Dem Anschein nach wird der Listing Act kein eigenständiger Rechtsakt sein, sondern soll bestehende Gesetze ändern und ergänzen. Das betrifft vor allem Rechtsakte, die bereits Aspekte des europäischen Kapitalmarkts regeln, wie die MiFID-II VO, die Prospektverordnung (ProspVO) und die Marktmissbrauchsverordnung (MAR).

Konsultationen

Da der Entwurf noch nicht veröffentlicht ist, sind keine konkreten Änderungen bekannt. Die Europäische Kommission hat aber zwei Konsultationsverfahren durchgeführt, die erahnen lassen, worauf die Neuerungen abzielen sollen. Zum einen könnte es eine umfassende Reform im Umgang mit Insiderinformationen geben, zB eine höhere Bagatellschwelle und die Ausnahme von Insiderlisten-Vorlagepflichten. Zum anderen überlegt die EU KMU von der Prospektpflicht auszunehmen. Weiters könnten Erleichterungen bei Zweitnotierungen (”Dual Listing”) den europäischen Kapitalmarkt für drittstaatliche Unternehmen attraktiver machen.

Fazit

Bis der Listing Act erlassen sein wird, fließt wohl noch ein bisschen Wasser den Bach runter.  Aber KMU können sich darauf einstellen, dass die Zulassung in Zukunft – zumindest etwas – erleichtert wird.

 

Ein Beitrag von Klemens Achleitner

Latest insights zu
Kapitalmarktrecht
Immobilieninvestments: So können Haftungsfälle vermieden werden
Article • Kapitalmarktrecht von Raphael Toman, Melike Okulmuş
Aktuell befindet sich der Immobilienmarkt in einer durchaus ­kritischen Phase. Anlageberater sollten daher bei der Vermittlung von Immobilieninvestments derzeit besonders achtsam sein. Einen Überblick zum Thema geben Raphael Toman und Melike Okulmuş.
"Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz AIFMG"
Book • Kapitalmarktrecht von Raphael Toman, Fabian Schinerl
Unsere neueste Publikation "Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz AIFMG" ist da! Wir freuen uns sehr, dass Raphael Toman und Fabian Schinerl dazu beigetragen haben.
Investorenwarnungen: Verstärkter Rechtsschutz für Betroffene
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Immer wieder beschäftigen die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Fragen iZm den Betroffenenrechten bei Investorenwarnungen sowie veröffentlichten Strafen durch die FMA – dem sogenannten "Naming & Shaming". Dabei veröffentlicht die FMA Meldungen auf ihrer Homepage, die Investoren vor Geschäftsbeziehungen mit den darin genannten Unternehmen warnen sollen oder schlicht über verhängte Strafen berichtet. Die Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen gegen diese Meldungen wurden von der Rechtsprechung nur langsam weiterentwickelt. Ein jüngstes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ("VfGH"; VfGH 12. 3. 2024, E 3436/2023) setzt jedoch einen Schritt in Richtung verstärkter Betroffenenrechte.