Nachhaltigkeit: Neue Beratungspflichten ab August

Academy • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Hannah Zenaty

Das Maßnahmenpaket zur EU-Taxonomie hat weitrechende Auswirkungen auf Finanzunternehmen. Ab August 2022 müssen sie den Faktor Nachhaltigkeit in der Anlageberatung berücksichtigen.

Die Europäische Kommission hat am 21. April 2021 ein Maßnahmenpaket angenommen, um weitere Schritte in Richtung nachhaltige Investitionen zu setzen. Dadurch möchte die EU sicherstellen, dass Wertpapierfirmen zukünftig den Faktor Nachhaltigkeit in ihre Verfahren und in die Anlageberatung für Kunden miteinbeziehen. Die Anlageberatung selbst ist als Abgabe persönlicher Empfehlungen über Geschäfte mit Finanzinstrumenten zu qualifizieren (§ 1 Z 3 lit e WAG 2018) – und eine richtige Empfehlung abzugeben bedeutet in Zukunft auch, Nachhaltigkeitswünsche zu berücksichtigen.

Geldanlage für Klimaziele

Die EU hat die Taxonomieverordnung geschaffen, um private Investitionen vermehrt in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken und somit wesentlich zur Erreichung der Klimaziele beizutragen. Die EU-Taxonomie dient als Klassifikationssystem und als Transparenzinstrument für Unternehmen und Investoren: Sie stellt eine Liste aller ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten auf. Anhand dieser können Anleger beurteilen, ob ihre Investitionen tatsächlich ökologisch sind oder ob Greenwashing betrieben wird.

Neues Protokoll für Berater

Bevor Anlageberater Kunden über ein bestimmtes Finanzinstrument beraten dürfen, müssen sie mit den Kunden einen Eignungstest durchführen – kurzum prüfen, ob ein Instrument für die Anleger „geeignet“ ist. Im Zuge dessen geht der Berater mit dem Kunden einen ausführlichen Fragebogen durch, um konkrete Kundendaten zu erheben. Dieses Beratungsprotokoll (Anlegerprofil) wird ab August nicht nur die Kenntnisse und Erfahrungen sowie die finanziellen Verhältnisse, die Anlageziele und die Risikofreudigkeit des Kunden umfassen, sondern auch dessen Präferenzen zum Thema Nachhaltigkeit. Falls ein Finanzinstrument nicht den Nachhaltigkeitspräferenzen eines Kunden entspricht, darf der Anlageberater es nicht empfehlen.

Jetzt Vorbereitungen beginnen

Die neuen Beratungspflichten werden voraussichtlich am 2. August 2022 in Kraft treten – eine Verschiebung wäre allerdings noch denkbar. Banken, Wertpapierfirmen und andere Finanzdienstleister müssen jedenfalls rechtzeitig ihre Beratungsprotokolle erweitern und ihre Mitarbeiter fit für grüne Geldanlage machen.

Das Team
Hannah Zenaty
Next Generation / Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht