OGH 23.11.2022, 7 Ob 112/22d – bloßer Datenschutzhinweis hat Vertragserklärungscharakter

Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Christian Lenz

Im Ausgangsfall klagte der Verein für Konsumenteninformation (”VKI”) ein Versicherungsunternehmen. Der VKI brachte vor, dass einzelne Klauseln des Versicherungsvertrags rechtswidrig seien. Bemerkenswert dabei war, dass die Klauseln nicht im Versicherungsvertrag selbst enthalten waren, sondern im beigelegten Datenschutzhinweis des Versicherers. Im Versicherungsantrag musste der Kunde bestätigen, den Datenschutzhinweis zur Kenntnis genommen zu haben. Fraglich war nun, ob dem Datenschutzhinweis im vorliegenden Fall ein Vertragserklärungscharakter zukommt.

Der Oberste Gerichtshof (”OGH”) stellte fest, dass der Datenschutzhinweis kein bloßes Informationsdokument ohne Rechtsfolgewillen ist. Durch die Bestätigung der Kund:innen wurde es vielmehr ein Bestandteil des Versicherungsvertrags. Der Gerichtshof geht hierbei davon aus, dass die Kenntnisnahme des Verbrauchers einer Zustimmung gleichzusetzen ist. Die Zurkenntnisnahme impliziert nämlich die Zustimmung zu dessen Inhalt. Folglich unterliegt auch der Datenschutzhinweis der Überprüfung durch das Gericht im Wege der Klauselkontrolle.

In der Folge prüfte der OGH die vom Kläger bemängelten Klauseln im Datenschutzhinweis und kam zum Ergebnis, dass diese intransparent bzw gröblich benachteiligend sind.

Kontaktieren sie mich gerne bei persönlichen Fragen!

Christian Lenz

 

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)

Latest insights zu
Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht
Rechtsmissbräuchlicher Rücktritt vom Maklervertrag?
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Das im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz ("FAGG") geregelte 14-tägige Rücktrittsrecht ist regelmäßig auch auf Maklerverträge anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof ("OGH") musste dazu beurteilen, ob das Ausüben dieses Rücktrittsrecht vom Maklervertrag durch potenzielle Käufer einer Immobilie rechtsmissbräuchlich sein kann.
Vorläufige Einigung über EU-Geldwäsche-Package
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Der Rat und das Parlament haben am 17.1.2024 eine vorläufige Einigung über die EU-Geldwäsche-Verordnung ("AMLR") und die sechste EU-Geldwäsche-Richtlinie ("AMLD6") erzielt. Zudem wurde am 12.2.2024 nach einem Kompromiss in den Trilogverhandlungen auch die endgültige Fassung der Verordnung zur Errichtung der europäischen Behörde ("AMLA") zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ("AMLA-VO") veröffentlicht.
Verjährungsfrist bei missbräuchlichen Klauseln: Erst ab Kenntnis
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Im Verbraucherrecht spielt die Kontrolle von AGB-Klauseln eine wichtige Rolle. So können in AGB verwendete Klauseln, die Verbrauchern gegenüber missbräuchlich oder intransparent sind, für nichtig erklärt werden. Das ergibt sich aus der Klausel-Richtline der Europäischen Union.