In einer aktuellen Entscheidung (7 Ob 49/22i) hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage zu befassen, ob ein Versicherungsunternehmen für betrügerische Geschäfte eines selbstständigen Versicherungsagenten haftet. Der Versicherungsagent wickelte jahrelang die Versicherungsagenden der Klägerin ab. Nach einigen Jahren bot er der Klägerin eine Investition in eine Vermögensanlage an, die angeblich nur Mitarbeitern des beklagten Versicherungsunternehmen zur Verfügung stehe, tatsächlich aber gar nicht existierte. Um den Anschein zu erwecken, es handle sich um ein verfügbares Produkt, verwendete der Versicherungsagent bei Einzahlungsbestätigungen Stempel und Briefpapier der Beklagten und versah sie teils mit Fantasieunterschriften. Der Versicherungsagent war zwar vom beklagten Versicherungsunternehmen mit der Versicherungsvermittlung betraut, jedoch nicht bevollmächtigt, andere Geschäfte für sie abzuschließen.
Der OGH verneinte eine Haftung der Beklagten und wies die Klage ab. Der Versicherungsagent könne ihr nicht zugerechnet werden, denn die Beklagte bediente sich dem Agenten nur zur Versicherungsvermittlung und zu keinem anderen Zweck. Es liege auch keine Anscheinsvollmacht vor, die das Vertrauen der Klägerin darin erwecken hätte können, dass der Versicherungsagent im Namen des Versicherungsunternehmens handeln darf. Die Beklagte habe keinen Anschein begründet, dass der Agent berechtigt gewesen wäre, auch andere Geschäfte für sie abzuschließen. Es komme bei dieser Betrachtung nicht auf den Eindruck der Klägerin an, vielmehr müssen Umstände vorliegen, die den begründeten Glauben an eine solche Berechtigung erwecken. Das Verwenden von Briefpapier und Stempeln der Beklagten reiche dafür nicht aus. Andernfalls würde das eine zu umfangreiche Haftung des Unternehmens für seine Mitarbeiter, befugt oder nicht befugt, bedeuten.
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