OGH: Keine Reduktion laufzeitunabhängiger Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung

Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Christian Lenz

In einer aktuellen Entscheidung (5 Ob 197/21p) hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) zu entscheiden, ob Kreditnehmer, die ihren Kredit vorzeitig zurückbezahlen, einen aliquoten Anspruch auf Rückerstattung der laufzeitunabhängigen Kreditkosten haben. § 16 Abs 1 Verbraucherkreditgesetz (VKrG) alte Fassung (aF) sah nur eine aliquote Rückzahlung laufzeitabhängiger Kosten (wie etwa von Zinsen und Kontoführungsgebühren) vor. Die klagenden Kreditnehmer begehrten die anteilige Rückzahlung der Bearbeitungs-, Auszahlungs- und Vermittlergebühr. Begründet wurde die Klage damit, dass § 16 Abs 1 VKrG aF im Einklang mit der EU-Richtlinie dahingehend auszulegen sei, dass nicht nur die beispielhaft aufgezählten laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten bei vorzeitiger Kredittilgung aliquot rückzuerstatten seien. Dies ergebe sich aus der Entscheidung des EuGH zu C 383/18 (Lexitor), in welcher der EuGH aussprach, dass die Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche Kosten umfasse.

Die Instanzengerichte wiesen die Klage der Kreditnehmer mit der Begründung ab, dass § 16 Abs 1 VKrG aF ausschließlich eine anteilige Kürzung laufzeitabhängiger Kosten vorsehe, die auch europarechtlich nicht zu beanstanden sei. Der OGH folgte dieser Ansicht und begründete dies damit, dass eine nationale Bestimmung (hier: § 16 VKrG aF) durch eine richtlinienkonforme Interpretation nicht grundlegend neu bestimmt werden dürfe. § 16 Abs 1 VKrG aF war nach herrschender Meinung so zu verstehen, dass sich laufzeitunabhängige Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht reduzieren. Diese klare nationale Gesetzeslage könne nicht allein aufgrund der nunmehrigen EuGH Entscheidung Lexitor als “lückenhaft” und neu zu determinieren betrachtet werden.

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Christian Lenz

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Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)

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