1. In seiner heute (04.01.2022) publizierten Entscheidung zur Commerzialbank-Causa hat der VfGH entschieden, dass das Aufsichtsrecht nur dazu da ist, das Vertrauen in den Finanzmarkt im Allgemeinen sicherzustellen, nicht aber dazu, Schäden von Kleinanlegern zu ersetzen, welche die FMA verursacht hat.
2. Nach Ansicht des VfGH sei das Aufsichtsrecht nur dazu da, die ”Gläubiger (An- und Einleger) in ihrer Gesamtheit zu schützen” und dafür zu sorgen, dass ”An- und Einleger … Vertrauen in das ordnungsgemäße Funktionieren des Finanzmarktes haben” sollen – Einzelpersonen sollen aber ausgeschlossen sein.
3. Wir müssen die Entscheidung des VfGH akzeptieren, teilen aber die Ansicht des Gerichtshofs naturgemäß nicht: Die Aufsicht hat die Malversationen des Vorstands der Commerzialbank jahrelang ignoriert. Sie hat dadurch Menschen, die im Vertrauen auf die Aufsicht ihre Ersparnisse bei einer Bank eingelegt hatten, geschädigt. Das trägt aus unserer Sicht nicht dazu bei, das Vertrauen in den Finanzmarkt zu fördern. Es widerspricht im Übrigen auch dem ”Mission Statement” der FMA, wonach der Schutz der Anleger wesentlicher Teil der Aufgabe der FMA ist.
4. Im vorliegenden Fall hat ein Whistleblower die Malversationen des Vorstands detailliert beschrieben und der FMA zur Kenntnis gebracht. Wäre die FMA ihrer Aufgabe nachgekommen und den Vorwürfen des Whistleblowers nachgegangen, hätte sie den Schaden für viele Anlegerinnen und Anleger verhindern können. Eine gerichtliche Klärung der Verantwortung der FMA wird nun durch die Entscheidung des VfGH verhindert.
5. Privatpersonen und Unternehmer müssen immer einen von ihnen angerichteten Schaden ersetzen. Wie der Fall Commerzialbank Mattersburg und die Entscheidung des VfGH zeigen, kann der Gesetzgeber staatliche Organisationen ganz einfach von dieser Verantwortung befreien. Das sendet ein katastrophales Signal an die Gesellschaft.