Änderungen bei Konsumkrediten – neues Verbraucherkreditvertragsrecht

Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz

1. Bereits im Jahr 2021 unterbreitete die Europäischen Kommission einen Gesetzesvorschlag für eine neue EU-Richtlinie über Verbraucherkreditverträge. Am 12.9.2023 hat nun das Europäische Parlament diesem Gesetzesentwurf zugestimmt, am 9.10. schloss sich dem aktuellen Entwurf nunmehr auch der Rat der Europäischen Union an.

2. Die neue Richtlinie, welche die bisherige Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) aufheben soll, sieht wesentliche Änderungen vor. Hintergrund der geplanten Änderungen sind va die wachsende Digitalisierung sowie die aktuell schwierige Wirtschaftslage, welche viele Kreditnehmer nach Einschätzung der Europäischen Kommission vor erhebliche Herausforderungen stellt.

3. Was verbirgt sich im neuen Entwurf?

a) Zunächst wurden die Informationspflichten bei der Geschäftsanbahnung ausgeweitet, sodass von diesen nun etwa auch ein repräsentatives Beispiel für den Verbraucher inkl gesamten Kreditbetrag und jährlicher Raten umfasst sein muss.

b) Einzug erhält weiters ein Kreditvergabeverbot für den Fall, dass die Bonitätsprüfung negativ ausfällt. Das ist wohl eine der weitreichendsten Änderungen, da für diesen Fall bisher lediglich eine Warnpflicht im VKrG vorgesehen war.

c) Zudem wurde der Gesetzestext der Richtlinie an die jüngste Rsp des EuGH (“Lexitor”) zu laufzeitabhängigen bzw unabhängigen Kosten angepasst und eine Nachsicht-Klausel eingeführt, nach der der Kreditgeber vor einem allfälligen Vollstreckungsverfahren angemessene Maßnahmen (zB Senken des Zinssatzes, Verlängerung der Frist) setzen soll.

d) Daneben wurde der Anwendungsbereich ausgeweitet, sodass in Zukunft auch etwa Kleinkredite unter EUR 200,– sowie Kredite, die von Schwarmfinanzierungsplattformen angeboten werden, erfasst sind.

4. Es wird aber noch etwas Zeit vergehen, bis die Änderungen wirksam werden. Geplant ist derzeit, dass die Umsetzung in nationales Recht (in Österreich hauptsächlich im VKrG) bis 2026 erfolgen soll. Auch wenn bis zur Umsetzung der Richtlinie im nationalen Recht noch einige Zeit verstreichen wird, ist bereits jetzt klar, dass die Anforderungen an die Vergabe von Verbraucherkrediten hinkünftig erheblich gesteigert werden.

 

Das Team
Raphael Toman
Partner / Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Compliance & Interne Untersuchungen, Kapitalmarktrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht & Regulatory, IP & Datenschutz, Legal Tech
Raphael betreut vorwiegend Finanzdienstleister in Verfahren vor Zivil- wie Verwaltungsgerichten sowie bei regulatorischen Fragestellungen, Geldwäscheprävention, Sanktionen sowie Kryptowerte. Daneben vertritt er Mandant:innen aus verschiedenen Branchen in (grenzüberschreitenden) streitigen Verfahren. Weiters unterstützt er Unternehmen in datenschutzrechtlichen Belangen, und ist selbst Datenschutzbeauftragter bei einem Biotechunternehmen sowie einem internationalen Sportverband.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2011; Dr. iur. 2019)
New York University, Leistungsstipendium der Universität Wien (LL.M. 2017)
Zulassung als Rechtsanwalt auch in New York (2017)
Stagiaire bei der International Chamber of Commerce (2018)


Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)

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