1. Welche Mittel darf die FMA bei einer Einschau anwenden? Damit musste sich der der Verwaltungsgerichtshof (“VwGH”) in der Entscheidung Ro 2021/02/0011 auseinanderzusetzen und prüfte, welche Grenzen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (“FMA”) bei der Durchsetzung ihrer Informations- und Einschaurechte gem § 70 BWG gesetzt sind.
2. Im Anlassfall betraten Organe der FMA unangekündigt die Geschäftsräumlichkeiten der betroffenen Bank und verlangten Zugang zu den Revisionsräumlichkeiten, um Einsicht in alle Unterlagen und Datenträger nehmen zu können. Die Aufforderung zum Aufsperren der Räumlichkeiten wurde von den Organen der FMA – so steht es ausdrücklich in der Entscheidung – “höflich und nicht unter Androhung physischer Zwangsmaßnahmen” ausgesprochen. Sie haben der anwesenden Bankmitarbeiterin dabei jedoch deutlich zu verstehen gegeben, dass sie zum jederzeitigen Zutritt in das verschlossene Zimmer berechtigt sind. Auch wurde die Mitarbeiterin darüber aufgeklärt, dass sie verpflichtet sei, der FMA die Einschau zu ermöglichen. Aufgrund dieser Situation kam die Mitarbeiterin der Aufforderung nach, woraufhin die Organe der FMA die Revisionsräumlichkeiten betraten und Unterlagen mitnahmen.
3. Gegen dieses Vorgehen erhob die betroffene Bank eine Maßnahmenbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (“BVwG“). Die Bank machte darin geltend, dass sich die FMA den Zugang zu den Revisionsräumlichkeiten durch das Ausüben von Befehls- und Zwangsgewalt verschafft habe, wofür sie gesetzlich nicht ermächtigt sei. Das BVwG bestätigte die ausgeübte Befehls- und Zwangsgewalt und erklärte das Vorgehen der FMA für rechtswidrig.
4. Gegen diese Entscheidung erhob die FMA Amtsrevision an den VwGH. Der VwGH kam dabei zum Ergebnis, dass für das Vorliegen von Befehls- und Zwangsgewalt eine physische Sanktion angedroht werden muss, die bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzt. Liegt kein ausdrücklicher “Befehl” vor, so kommt es darauf an, ob bei der Beurteilung des behördlichen Vorgehens aus dem Blickwinkel des Betroffenen der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung auch mit einer zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen sei. Einen solchen Umstand brachte das Beschwerdeverfahren jedoch nicht hervor, weswegen der VwGH die Entscheidung des BVwG aufhob. Ob die FMA bei der Ausübung ihrer Einschau- und Informationsrechte daher rechtswidrige Befehls- und Zwangsgewalt ausübt, hängt entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.