Haftung eines Beraters für Strafen: Der Oberste Gerichtshof hält Schadenersatzansprüche für Verbandsgeldbußen erstmals für denkbar

Article • Wirtschaftsstrafrecht von Alexander Stücklberger

Ein Anwalt informierte ein Unternehmen nicht darüber, dass es die Strafe mit einem Kronzeugenantrag hätte verhindern können. Der Oberste Gerichtshof hält Schadenersatz für möglich.

Das Höchstgericht weicht damit den allgemeinen Grundsatz, dass Strafen immer selbst zu tragen sind, auf. Begeht ein Mitarbeiter wegen einer Fehlberatung eine Straftat, für die das Unternehmen haftet, kann eine Verbandsgeldbuße weiterhin nicht auf den Berater überwälzt werden. Übersieht der Berater jedoch die Möglichkeit, die Strafbarkeit zu sanieren – durch tätige Reue, eine Selbstanzeige oder einen Kronzeugenantrag – gilt dieser Grundsatz allerdings nicht.

BRANDL TALOS Rechtsanwalt und Strafverteidiger Alexander Stücklberger kann die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich nachvollziehen. Er sieht aber gewisse Wertungswidersprüche: Nach der neuen Rechtsprechung können Unternehmen Schadenersatz von ihren Rechtsanwälten fordern. Ein Regress gegen Geschäftsführer oder Mitarbeiter des Unternehmens scheidet laut Gesetz allerdings sogar dann aus, wenn diese trotz richtiger anwaltlicher Beratung keine tätige Reue geübt haben.

Stücklberger sieht für die Praxis auch Probleme bei der Beweisführung. Die neue Rechtsprechung lässt einen Schadenersatz zu, wenn die tätige Reue oder ein Kronzeugenantrag tatsächlich dazu geführt hätte, dass eine Strafe unterblieben wäre. “Man muss also beweisen, dass man mit einem Kronzeugenantrag Erfolg gehabt hätte”, sagt Stücklberger. “In der Praxis dürfte dieser Beweis äußerst schwierig sein.”

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Das Team
Alexander Stücklberger
Partner / Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht, Compliance & Interne Untersuchungen, Legal Tech
Alex ist spezialisiert auf die Vertretung von Unternehmen sowie deren Führungskräften in komplexen Strafsachen und damit verbundenen gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Er leitet interne Untersuchungen und berät Unternehmen in arbeitsrechtlichen Fragen. Das renommierte Anwaltsranking Legal 500 führt Alex als "Rising Star" im Wirtschaftsstrafrecht.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Magister iuris 2016)