Mit seiner jüngsten Sammelaktion ließ der Verein für Konsumenteninformation (“VKI”) in der Finanzbranche aufhorchen. Der VKI bietet darin Konsument:innen seine Unterstützung bei der Rückforderung sogenannter “Bestandsprovisionen” an. Bei Bestandsprovisionen handelt es sich um Vergütungszahlungen, welche von Fondsgesellschaften oder Versicherungsunternehmen unter anderem an Banken dafür bezahlt werden, dass deren Finanzprodukte “in Bestand gehalten” werden, etwa am jeweiligen Depot des Kunden oder der Kundin. Nach der Rechtsansicht des VKI wären diese Provisionen an die Kund:innen herauszugeben. Von einer solchen Herausgabepflicht wären alle österreichischen Finanzdienstleister, die Bestandsprovisionen erhalten haben, betroffen.
Ob ein solcher Herausgabeanspruch der Kund:innen tatsächlich besteht, ist jedoch keineswegs gewiss. Die Rechtslage zu dieser Frage ist vielmehr weitgehend unerschlossen, sodass sich sowohl der VKI als auch die betroffenen Empfänger:innen der Bestandsprovision in vielen Bereichen ihrer Argumentation auf rechtlichem Neuland bewegen müssen. Eine genauere Analyse der Rechtslage zeigt jedoch, dass gewichtige Gründe gegen die Rechtsauffassung des VKI sprechen. Dabei ergeben sich bereits aus dem allgemeinen Zivilrecht Argumente gegen die Ansicht des VKI, wonach die Bestandsprovisionen an die Kund:innen herauszugeben seien. Darüber hinaus stärkt ein Blick in das Aufsichtsrecht die Position der Empfänger:innen weiter. Wurden die Offenlegungsvorschriften des Wertpapieraufsichtsgesetzes eingehalten, so entspricht es der herrschenden Ansicht, dass die erhaltenen Vorteile und Provisionen nicht an die Kund:innen herauszugeben sind.
Den erhobenen Herausgabeansprüchen können daher sowohl auf der Ebene des Zivil- als auch des Aufsichtsrechts gute Argumente entgegengehalten werden. Im Lichte der noch ungeklärten Rechtslage ist daher bereits jetzt gewiss, dass sich ein möglicher Prozess herausfordernder gestalten würde, als es die Aussendung des VKI auf seiner Homepage auf den ersten Blick vermuten ließe.