Vorläufige Einigung über europäische grüne Anleihen

Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz

Ein wesentlicher Kernbestandteil der Bemühungen der Europäischen Union zur Bekämpfung des Klimawandels im Rahmen des "Green Deals" ist das Schaffen eines nachhaltigen Finanzwesens.

Am 28. Februar 2023 konnten das Europäische Parlament und der Rat der EU eine vorläufige Einigung über die Einführung eines europäischen Standards für grüne Anleihen (“EU Green Bond Standard – EuGBS”) erzielen und somit einen weiteren Schritt für eine klimaneutrale EU-Wirtschaft setzen. Auch wenn ein konkreter Entwurf vor dem Sommer noch nicht vorliegt, lassen die Eckpunkte der Einigung bereits die Kernelement der Verordnung erkennen.

Der freiwillige EU-Standard, der von der EU-Kommission als neuer “Goldstandard” beworben wird, harmonisiert die Anforderungen an Anleiheemittenten, die ökologisch nachhaltige Anleihen mit dem Label “europäische grüne Anleihe” oder “EuGB” anbieten wollen. Den Emittenten dieser Anleihen soll mit dieser Kennzeichnung und den damit verbundenen Voraussetzungen ein Instrument bereitstehen, anhand dessen sie die EU-Taxonomiekonformität ihrer Produkte nachweisen können. Jene Anleger, die diese Anleihen erwerben, können dadurch besser überprüfen und erkennen, ob ihre Investitionen tatsächlich nachhaltig sind. Dadurch soll auch das Risiko von “Grünfärberei” minimiert werden, das die EU-Kommission in dem Bereich ausmachen.

Um die Finanzierung legitimer Umweltprojekte zu ermöglichen, sieht der Green Bond Standard einheitliche Schlüsselanforderungen vor. Die Emittenten werden dazu verpflichtet, dass zumindest 85 Prozent der durch die Anleihe generierten Mittel in Projekte investiert werden, die mit der Taxonomie-VO in Einklang stehen. Somit bleibt für jene Sektoren, die noch nicht unter die EU-Taxonomie fallen, ein Flexibilitätsrahmen von 15 Prozent. Detaillierte Berichtspflichten sollen die Transparenz bezüglich der Verwendung der aus den Anleihen eingenommenen Erlöse gewährleisten.

Darüber hinaus sieht der Standard eine externe Prüfung aller grünen Anleihen durch die zuständigen nationalen Behörden vor, um sicherzustellen, dass diese dem EuGBS entsprechen. In diesem Kontext soll ein Registrierungssystem sowie ein Aufsichtsrahmen für externe Prüfer bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde implementiert werden.

Die Einigung muss nun vom Rat und vom Europäischen Parlament angenommen werden und wird zwölf Monate nach Inkrafttreten anwendbar sein. Doch bereits jetzt steht fest, dass der europäische Standard für grüne Anleihen zu wesentlichen Änderungen beim Schaffen eines nachhaltigen Finanzwesens führen wird.

Das Team
Raphael Toman
Partner / Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Compliance & Interne Untersuchungen, Kapitalmarktrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht & Regulatory, IP & Datenschutz, Legal Tech
Raphael betreut vorwiegend Finanzdienstleister in Verfahren vor Zivil- wie Verwaltungsgerichten sowie bei regulatorischen Fragestellungen, Geldwäscheprävention, Sanktionen sowie Kryptowerte. Daneben vertritt er Mandant:innen aus verschiedenen Branchen in (grenzüberschreitenden) streitigen Verfahren. Weiters unterstützt er Unternehmen in datenschutzrechtlichen Belangen, und ist selbst Datenschutzbeauftragter bei einem Biotechunternehmen sowie einem internationalen Sportverband.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2011; Dr. iur. 2019)
New York University, Leistungsstipendium der Universität Wien (LL.M. 2017)
Zulassung als Rechtsanwalt auch in New York (2017)
Stagiaire bei der International Chamber of Commerce (2018)


Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)

Latest insights zu
Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht
Rechtsmissbräuchlicher Rücktritt vom Maklervertrag?
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Das im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz ("FAGG") geregelte 14-tägige Rücktrittsrecht ist regelmäßig auch auf Maklerverträge anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof ("OGH") musste dazu beurteilen, ob das Ausüben dieses Rücktrittsrecht vom Maklervertrag durch potenzielle Käufer einer Immobilie rechtsmissbräuchlich sein kann.
Vorläufige Einigung über EU-Geldwäsche-Package
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Der Rat und das Parlament haben am 17.1.2024 eine vorläufige Einigung über die EU-Geldwäsche-Verordnung ("AMLR") und die sechste EU-Geldwäsche-Richtlinie ("AMLD6") erzielt. Zudem wurde am 12.2.2024 nach einem Kompromiss in den Trilogverhandlungen auch die endgültige Fassung der Verordnung zur Errichtung der europäischen Behörde ("AMLA") zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ("AMLA-VO") veröffentlicht.
Verjährungsfrist bei missbräuchlichen Klauseln: Erst ab Kenntnis
Article • Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht von Raphael Toman, Christian Lenz
Im Verbraucherrecht spielt die Kontrolle von AGB-Klauseln eine wichtige Rolle. So können in AGB verwendete Klauseln, die Verbrauchern gegenüber missbräuchlich oder intransparent sind, für nichtig erklärt werden. Das ergibt sich aus der Klausel-Richtline der Europäischen Union.