OGH 19.12.2023, 5 Ob 34/23w: Löschung aus Kleinkreditevidenz keine nachvertragliche Pflicht

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Auch nach Erfüllung eines Vertrags sind Vertragsparteien verpflichtet, sich gegenüber den Rechtsgütern des Vertragspartners sorgfältig zu verhalten. Sie unterliegen somit nachvertraglichen Pflichten. Grenzen dieser nachvertraglichen Pflichten steckte der Oberste Gerichtshof ("OGH") in einer aktuellen Entscheidung ab.

Im vorliegenden Verfahren sah sich der OGH mit folgendem Sachverhalt konfrontiert: Die beklagte Bank hatte mit dem Kläger einen Kreditvertrag abgeschlossen. Da der Kläger in Verzug geriet, wurde ihm der Kreditvertrag gekündigt. Die Bank ließ den Kläger auch in die Kleinkreditevidenz und in die Warnliste des Kreditschutzverbands (”KSV”) eintragen. Nachdem dem Kläger die Restschuldbefreiung erteilt worden war, begehrte dieser, dass die Bank die Löschung der Eintragungen beim KSV erwirkt. Er begründete dies damit, dass seine Möglichkeiten, neue Kreditverbindlichkeiten einzugehen, durch die Eintragungen wesentlich erschwert werden. Sofern die Löschung nicht von der Bank beim KSV erwirkt wird, werde diese erst nach Ablauf einer mehrjährigen Frist automatisch vollzogen.

Der OGH entschied, dass es nicht zu den nachvertraglichen Pflichten gehört, solche Eintragungen vor Ablauf der Frist löschen zu lassen, um den Kläger besseres wirtschaftliches Vorankommen zu ermöglichen – selbst dann, wenn er die Auflagen des Schuldenregulierungsverfahrens eingehalten hat. Auch eine (wie hier vorliegend) bessere Einkommenssituation steht dem Interesse der Bankenbranche, eine objektive, transparente und wahrheitsgemäße Auskunft über die Bonität von Schuldnern zu erhalten, nicht entgegen. Diese würden ohnehin die aktuelle Einkommenssituation bei der Einschätzung des Kreditrisikos miteinbeziehen. Die längeren Speicherdauern der Eintragungen haben das Ziel, finanzielle Momentaufnahmen zu vermeiden.

Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne persönlich zur Verfügung!

Christian Lenz

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)