OGH 15.2.2024, 8 Ob 119/23t: Rücktritt von Maklervertrag

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Gemäß Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz ("FAGG") ist ein Unternehmer dazu verpflichtet, den Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages in klarer und verständlicher Weise und unter Zurverfügungstellung eines Muster-Widerrufsformulars über das 14-tägige Rücktrittsrecht zu informieren. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, verlängert sich die Rücktrittsfrist automatisch um zwölf Monate. Damit hatte sich kürzlich der Oberste Gerichtshof ("OGH") zu beschäftigen.

Nachdem eine Verbraucherin gegenüber einer Maklerin Interesse am Kauf einiger Wohnungen gezeigt hatte, übermittelte die Maklerin ihr ein E-Mail, in welcher die Verbraucherin die Schaltflä-che “Hier geht es zur Bestätigung der Maklervereinbarung […] Sie bestätigen über den oben an-geführten Link, dass Sie unser vorzeitiges Tätigwerden wünschen und über die Konsumenten und Rücktrittsrechte nachweislich informiert wurden”, anklickte. Durch das Anklicken der Schaltfläche wurde eine weitere E-Mail mit dem Inhalt “Ich wünsche ein vorzeitiges Tätigwerden und verzichte auf mein Widerrufsrecht” generiert und an die Verbraucherin versendet. Daraufhin übermittelte die Maklerin der Verbraucherin einen schlecht leserlichen Abdruck des FAGG und ein – abgesehen von der Überschrift – nicht lesbares “Widerrufsformular”. Die Interessentin unterfertigte in der Folge zwar ein Kaufanbot für zwei Wohnungen, es kam aber nie zum Abschluss eines Kaufver-trags. Etwa vier Monate später erklärte die Verbraucherin ihren Rücktritt vom Maklervertrag. Die klagende Maklerin behauptet in ihrer daraufhin eingebrachten Klage, die Interessentin vor Ver-tragsabschluss umfassend aufgeklärt zu haben, sodass kein Rücktrittsrecht bestehe. Daher sei auch die Vermittlungsprovision fällig.

Der OGH wies die Klage der Maklerin ab. Er führte aus, dass durch die Übermittlung eines nicht lesbaren Formulars der Informationspflicht des Unternehmers nach dem FAGG nicht entsprochen wird, da der Verbraucher ein solches nicht verwenden kann. In der Folge verlängerte sich im vor-liegenden Fall die Rücktrittsfrist um ein Jahr. Zudem ist die automatisch generierte E-Mail der Maklerin nicht der Interessentin zuzurechnen und kann nicht als Verzicht auf das Rücktrittsrecht verstanden werden.

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Christian Lenz

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)