OGH 15.3.2023, 3 Ob 10/23a: Haftung für Fehlfunktion einer automatischen Tür

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Im vorliegenden Fall, mit dem sich der Oberste Gerichtshof ("OGH") zu befassen hatte, verletzte sich eine Kundin beim Betreten eines Geschäftslokals. Aufgrund einer Fehlfunktion schloss die automatische Eingangstür des Geschäftsinhabers gerade während die Frau das Geschäft betrat. Ehe sie darauf reagieren konnte, wurde sie von den Türflügeln getroffen und kam zu Sturz. Daraufhin klagte sie den Geschäftsinhaber auf rund 10.000 Euro Schadenersatz.

Der Geschäftsinhaber wandte dagegen ein, dass die eingebaute Türanlage zum Zeitpunkt der Errichtung im Jahr 2010 dem Stand der Technik entsprochen habe. Mit Dezember 2012 – rund fünfeinhalb Jahre vor Eröffnung des Geschäfts durch den beklagten Geschäftsinhaber ­ trat jedoch eine neue ÖNORM in Kraft. Die Norm verlangte, dass ein solches Türsystem über einen Anwesenheitsmelder verfügen müsse, welcher das Schließen der Tür verhindert, wenn sich ein Mensch im Durchgangsbereich befindet. Die Türanlage des Geschäftsinhabers hatte lediglich einen Lichtschranken welcher verglichen mit dem Anwesenheitsmelder einen deutlich kleineren Bereich abdeckt. Der Inhaber brachte im Verfahren vor, dass die neue ÖNORM nicht für Altbestand – und damit auch nicht für seine Tür – gelte. Der OGH gab ihm dabei zwar recht, allerdings findet sich in einem Überprüfungsbefund aus dem Jahr 2018 der Hinweis, dass der Einbau von ”Lichtvorhängen” (mehrere nebeneinander gereihte Lichtschranken) einen höheren Personenschutz gewährleisten würde. Mit so einem System wäre der Sturz der Kundin vermutlich verhindert worden.

Das Höchstgericht war daher der Ansicht, dass sich der Geschäftsinhaber näher über den aktuellen Stand der Technik informieren hätte müssen. Zudem hätte der nachträgliche Einbau eines Anwesenheitsmelders nur 200 bis 250 Euro gekostet und wäre daher zumutbar gewesen. Ein weiterer Einwand des Inhabers, die Kundin hätte bei Betreten des Geschäfts ”vor die eigenen Füße zu schauen” erkannte der OGH ebenfalls als unzulässig an. Bei plötzlichen schließenden Türen helfe vor die Füße zu schauen nämlich auch nicht. Im Ergebnis erkannte der OGH somit der Frau den Schadenersatz zu.

 

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Christian Lenz

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)