OGH 17.5.2023, 6 Ob 24/23g: Maklerprovision für zweckgleiche Geschäfte

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Es kommt regelmäßig vor, dass Geschäfte, die durch Makler:innen vermittelt werden, nicht genau so zustande kommen, wie ursprünglich beabsichtigt. In einer aktuellen Entscheidung musste sich der Oberste Gerichtshof ("OGH") mit der Frage auseinandersetzen, ob ein/e Makler:in dennoch einen Anspruch auf Provision hat.

Nach dem Erfolgsprinzip erhalten Makler:innen dann einen Provisionsanspruch, wenn aufgrund ihrer Bemühungen das zu vermittelnde Geschäft mit einem Dritten zustande kommt. Dabei muss grundsätzlich das konkret umschriebene Geschäft vermittelt werden. Ausreichend ist es aber auch, wenn ein Geschäft zustande kommt, welches wirtschaftlich gleichwertig ist. Ob eine Zweckgleichheit vorliegt, wird durch Auslegung des Vermittlungsauftrags festgestellt, wobei vorrangig auf die Absichten der Parteien abzustellen ist.

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Gesellschaft eine Maklerin engagiert, um eine Liegenschaft zu verkaufen, welche der Gesellschaft gehört. Vorab wurde besprochen, dass eine Provision nicht nur bei Verkauf der Liegenschaft, sondern auch dann zu zahlen ist, wenn ein Dritter statt der Liegenschaft die Anteile an der Gesellschaft erwirbt (“share-deal”). Ein potenzieller Käufer wurde auf das Inserat der Immobilie aufmerksam, erwarb jedoch letztendlich nicht die Immobilie selbst, sondern die Gesellschaftsanteile. Aus diesem Grund wurde der Maklerin keine Provision ausgezahlt. Nun fordert sie diese jedoch gerichtlich ein, da ein wirtschaftlich zweckgleiches Geschäft abgeschlossen wurde.

Der OGH gab dem Klagsbegehren statt und führte aus, dass ein zweckgleiches Geschäft hier schon deshalb vorliege, weil die Parteien im Vorfeld des schriftlichen Auftrags von der Provsionszahlungspflicht auch im Zusammenhang mit einem Share-Deal gesprochen haben, und diesen einen Liegenschaftskauf gleichgestellt haben. Weiters kommt der Anteilserwerb auch objektiv wirtschaftlich einem Liegenschaftskauf gleich, da der einzig nennenswerte Vermögensgegenstand der Gesellschaft die Liegenschaft war.

 

Kontaktieren Sie mich gerne persönlich bei Fragen!

Christian Lenz

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)