OGH 18.4.2023, 5 Ob 25/23x: Reduktion der Spesen bei vorzeitiger Tilgung von Hypothekar- und Immobilienkrediten

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Im vorliegenden Fall beanstandete der klagende Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine Klausel, welche Inhalt eines Hypothekarkreditvertrags war.

Die Vertragsbedingung des Kreditinstitutes sah vor, dass bei vorzeitiger Rückzahlung des Kreditbetrages die ”laufzeitunabhängigen Bearbeitungsspesen nicht – auch nicht anteilig – rückerstattet werden”. Der VKI war der Ansicht, die Klausel verstoße gegen einschlägige Verbraucherschutzbestimmungen und sei daher gesetzeswidrig.

Der VKI stützte sein Vorbringen vor allem auf § 20 Abs 1 Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz, welcher auf Art 25 Abs 1 der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie basiert. Die Bestimmung räumt dem Verbraucher die Möglichkeit ein, die Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag ganz oder teilweise vorzeitig zu erfüllen. Rechtsfolge einer solchen vorzeitigen Rückzahlung ist die Minderung der vom Verbraucher zu zahlenden Zinsen und Kosten. Zudem verwies der VKI auf die Entscheidung des Europäische Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache Lexitor. Darin sei ausgesprochen worden, dass laufzeitabhängige und laufzeitunabhängige Kosten zu ermäßigen sind.

Das Kreditinstitut wendete dagegen ein, dass die Entscheidung des EuGH nur zur Verbraucherkreditrichtlinie ergangen und daher auf Immobilienkredite nicht anzuwenden sei.

Bevor der Oberste Gerichtshof (OGH) im vorliegenden Fall inhaltlich entschied, setzte er aus Anlass eines beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsersuchens das Verfahren aus. Dabei stellte sich der OGH in einem ähnlichen Rechtsstreit die Frage, ob Art 25 Abs 1 EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie nach den Kriterien der Lexitor Entscheidung auszulegen ist und damit Verbrauchern eine Kürzung der nicht laufzeitabhängigen Kosten zusteht. Der EuGH gelangte im Zuge der Vorabentscheidung – anders als in der Rechtssache Lexitor – zum Ergebnis, dass im Geltungsbereich der Richtlinie nur die vom Verbraucher zu zahlenden Zinsen und laufzeitabhängigen Kosten verhältnismäßig zu verringern sind. Nicht zu ermäßigen sind daher von der Vertragslaufzeit unabhängige Kosten wie etwa Bearbeitungsspesen.

Im Lichte dessen beurteilte der OGH die beanstandete Klausel des Kreditinstituts als zulässig und wies die Klage des VKI ab.

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Christian Lenz

 

 

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)