OGH 28.9.2023, 4 Ob 91/23w: Entgeltanspruch trotz Verstoßes gegen Informationspflichten

Article • Prozessführung von Christian Lenz

Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Der OGH zeigt jedoch in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung, dass nicht jedes Rechtsgeschäft, das in irgendeiner Weise gegen die Rechtsordnung verstößt, deshalb als nichtig zu qualifizieren ist.

Im gegenständlichen Fall hatte die Klägerin dem Beklagten einen Kredit für die Finanzierung eines Immobilienkaufs vermittelt. Als Kreditvermittlerin unterlag die Klägerin vor Ausübung ihrer Tätigkeit bestimmten Transparenzvorschriften. Unter anderem war sie dazu verpflichtet, dem Beklagten das für ihre Dienste zu zahlende Entgelt offenzulegen. Die Klägerin unterließ jedoch die Bekanntgabe der Höhe ihres Honorars, weshalb der Beklagte in weiterer Folge die von ihr geforderte Provision nicht zahlte. Da sie gegen die gesetzlich normierte Informationspflicht verstoßen hat, habe sie – so das Vorbringen des Beklagten – ihren Entgeltanspruch verloren.

Der OGH war hier anderer Ansicht: Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, das gegen die Rechtsordnung verstößt, ist nur dann zu bejahen, sofern die verletzte Bestimmung diese Rechtsfolge explizit anordnet oder der Verbotszweck der Norm dies erfordert. Der Zweck der Transparenzregelung sieht nicht vor, dass allein die unterlassene Angabe der zu zahlenden Provision beim Kreditvermittlungsgeschäft zum gänzlichen Wegfall des Entgelts für die Vermittlungsdienste führen soll. Die Klägerin behielt demzufolge ihren Entgeltanspruch gegenüber dem Beklagten.

 

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Christian Lenz

Das Team
Christian Lenz
Associated Partner / Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht, Immobilienrecht
Christian vertritt zahlreiche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen sowie Glücksspielanbieter in Zivilverfahren zu zivilrechtlichen Haftungsfragen. Er berät seine Mandant:innen beim Erstellen von Vertrags- und Werbeunterlagen sowie zu wirksamen Präventionsmaßnahmen.

Universität Wien, Rechtswissenschaftliche Fakultät (Mag. iur. 2002)